Piter so nennen die St. Petersburger ihre Stadt. Eine umgangsprachliche Kurzfrom wie wir sie beispielsweise als Dickes B oder DD (double D-Town) kennen.
Wir sind verdammt spät in unseren freien Tag gestartet. Es war unlängst 13 Uhr als wir uns endlich aus dem Hostel gequält haben. Ganz untätig waren wir bis dahin allerdings nicht. Ich habe erstmal alles notwendige vom vielen Regen und Dreck eingesiffte gewaschen – in einem winzig kleinen Handwaschbecken. Aber was tut man nicht alles für ein kleines Gefühl von Sauberkeit?
Stimmt! Neukaufen wäre auch eine Option. Haben wir auch tatsächlich gemacht!
Wir sind Touris! Verhalten wir uns auch wie welche!
Aber dann auch wie die schlimmsten! Also raus aus dem Hostel und rauf auf den Nevsky Prospekt. Erster Halt? K(entucky) F(ried) C(hicken)
Gibt’s in Dresden schon seit Jahren nicht mehr und irgendwie hat sich das bei uns eingeschliffen, wenn es schon mal KFC gibt, dann kommen wir früher oder später nicht mehr dran vorbei. 2 Wraps, 2 Pommes und 2 Zitronenlimos später vielen wir bei… na, wer kommt drauf? Richtig! H&M ein. Gibts in Dresden auch, aber das tut ja erstmal nix zur Sache 😅
Ausgestattet mit neuer Hose, neuem Top und neuer Schuhe (na wenn schon, denn schon) konnten wir uns den wirklich wichtigen Dingen widmen.

Palina bist du’s?
Wir föhnten unserer, oder besser Karstens, Sammelleidenschaft für Hard Rock Café T-Shirts. Allerdings war das Café unpraktischer Weise nicht am Hauptanlaufspunkt weltlicher Touristen. Auf Google Maps sah das allerdings gar nicht mal so weit weg aus. Eine halbe Stunde laufen? Das ist doch ein Klax!
Äh nein. Ist es nicht. Nicht in St. Petersburg! Nicht wenn man die großen Prospekte verlässt und entlang der Fontanka, einem Verbindungskanal der Newa, laufen will. Dafür haben russische Straßenbauer nämlich kein Verständnis. An jeder Brücke, die den Weg kreuzt, heißt es Straßenseite wechseln, Kreuzung überqueren und wieder Straßenseite wechseln. Bei 23°C und praller Sonne nicht unbedingt die leichteste Übung. Schattenspendende Bäume? Fehlanzeige!

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir unser Ziel.
Empfangen wurden wir von einer sehr coolen Russin, die uns nciht nur optisch sondern auch von ihrer Art her sehr an Palina Rojnski erinnert hat. Okay, ja, wenn man beide nebeneinander hält ist die Ähnlichkeit nicht mehr ganz so groß, aber im ersten Moment fanden wir den Vergleich sehr passend 🤷♀️
So oder so, sie war echt toll! Super nett, sehr kommunikativ und unglaublich entspannt. Wahrscheinlich waren wir nicht die ersten die ihr ’ne Kamera ins Gesicht gehalten haben 😄
Und wir waren ihr wohl spätestens ab dem Moment sympathisch, wie wir ihr erklärten, dass uns das Spiel Frankreich-Dänemark vollkommen Schnuppe wäre. Wir wollten Milkshakes trinken und Souvenirs shoppen.
Und wir haben maßlos übertrieben! Mal wieder! Eigentlich waren wir ja noch ordentlich voll von KFC aber die Speisekarte im Hard Rock Café war so verlockend bebildert, dass wir es einfach nicht bei zwei Vanille-Milkshakes belassen konnten. Also orderten wir noch einen Oreo-Cheesecake dazu.
Großer Fehler! Wobei, geschmacklich war es geil!
Aber wer ahnt denn als verwöhnter (Mittel-/West-) Europäer, dass ausgerechnet die Russen dem amerikanischen Vorbildern treubleiben? Die Milkshakes waren nämlich nicht so verwässert, wie das, was man hier zu Lande bekommt. Nee! Die waren ordentlich fett. Mit gaaaaaaanz viel Sahne, im und auf dem Eis – natürlich die mit mehr Fettanteil, nicht die herkömmliche aus dem Supermarkt – und Eiswürfel verwenden die dafür auch nicht.

Wir rollten also schon nach dem ersten Zug an unseren Strohhalmen. Den Cheesecake bekamen wir kaum runter. Dabei war der doch sooooooo lecker. Ein Dilemma.
Das wir auch nach 1,5h noch nciht bewältigt hatten. Trotzdem verließen wir irgendwann gegen 18:00 Uhr den Laden wieder, natürlich nicht ohne ein T-Shirt für Karsten 😬
Wir hatten zwischenzeitlich mal Marco Polo befragt, was man denn in St. Petersburg gesehen haben sollte. Der Reiseführer empfahl den Winterpalast. Joar nett. Ich hatte Lust auf Stadtrundfahrt via Boot. Laut Marco sollte das problemlos an jedem Kanal oder Fluss in der Stadt möglich sein. Danke Marco für den Tipp, aber irgendwie war das dann nur halb richtig. An der Fontanka jedenfalls fanden wir keinen Zustiegspunkt. Dafür kamen wir an einem Katzencafé vorbei – mega niedlich. Das kleine 4-jährige Mädchen auf der anderen Seite des Schaufenster sah das wahrscheinlich ganz ähnlich, guckte aber als würde es alle Mietzen für sich beanspruchen und nicht mit uns teilen wollen. Also weiter.
Wie wär’s mit einem Hubschrauberrundflug?
Da wir keinen Zustieg für eine Bootstour fanden und mittlerweile wieder zum Nevsky Prospekt zurückkamen, befragten wir Marco Polo noch einmal nach einem Tipp. Antwort: Winterpalast! Schon wieder? Moment! Laut unserem findigen Reiseführer sollten ganz in der Nähe Hubschrauber für Rundflüge starten. Und das zu einem unschlagbaren Preis: 2000 Rubel.
Okay, machen wir!
Also flügten wir uns durch die Massen auf dem Nevsky Prospekt zum Winterpalast. Dabei kamen wir auch am Fifa-Fan-Hauptquartier und dem Fifa-Fanfest vorbei. Hier gab es an jeder Ecke Musik. Überall spielten Bands. Die Menschen tanzten ausgelassen auf der Straße oder den Balkonen des Hauptquartiers. Die Stimmung war großartig. Da kam es auch gar nicht darauf an, wer gerade gewonnen oder verloren hatte, oder wo man her war. Auf dem Fifaf-Fanfest fühlte es sich tatsächlich so an, als wären alle gleich, obwohl – das wissen wir ja leider – das in Russland leider nicht der Fall ist.

Am Winterpalast angekommen, stellten wir fest, dass wir nicht nur für eine Besichtigung des Palastes viel zu spät dran waren, für die Hubschrauberrundflüge waren wir ganz 2 Tage zu spät oder 4 Tage zu früh 🤔
Schade. Aber na ja. Wir sahen uns eine Weile auf dem Palastplatz um und lauschten der Band, die umringt von dutzenden Menschen, eine paar hippe Melodien spielte.
Noch 2-3-4 Fotos, dann beschlossen wir zurück zu laufen und vielleicht doch noch Boot zu fahren.
Außerdem wollten wir uns mit Christina treffen, die sich kurz vorher bei uns gemeldet hatte. Ben hatte nämlich überraschend noch eine Karte für das Spiel Nigeria-Argentinien bekommen. Das bedeutete jedoch, dass Christina bis zu seiner Rückkehr den Abend alleine rumkriegen musste.
Kopf runter!
Wir sagten also Christina Bescheid, dass unser Traum vom Hubschrauberflug geplatzt war und verabredeten uns mit ihr für nur 10 Minuten später.
Unser Treffpunkt war mal wieder etwas gefallener: mitten auf einer Brücke neben der russischen Miliz. Dafür aber mit Blick auf Groboyedov Kanal, auf dem ganz zufällig auch Stadtrunfahrten kursierten und sogar ab unserer Brücke fuhren.
Christina war von unserer Idee, uns durch die Stadt schippern zulassen, auch ganz angetan, sodass wir uns schon wenige Minuten später auf einem dieser Käne wieder fanden. Es folgte eine sehr schöne, leider etwas kühle, Fahrt über die Flüsse und Kanäle St. Petersburg. Leider wurde die Tour ausschließlich auf Russich durchgeführt, weshalb wir leider kein Wort verstanden und beinahe zu spät bemerkten, dass die erste Brücke, welche wir passierten mit 2m Durchfahrtshöhe so niedrig war, das wir die Köpfe einziehen mussten.
Nach einer Stunde erreichten wir wieder unseren Ausgangspunkt. Da es inzwischen schon wieder fast 21 Uhr war überlegten wir, uns endlich Richtung Dunes Bar – unserem eigentlichen Tagsziel – aufzumachen. Wir googelten gerade die Strecke, als uns von Stephan, Markus, Felix, Jan und Mario die Nachricht ereilte, dass es wohl ziemlich langweilig wäre, man unsere Aufgabe schon erledigt hätte und wir getrost etwas passenderes für den Abend suchen könnten. Alles klar, machen wir!
Von Sushi und Stripperinnen
Gelandet sind wir im Takao. Erstmal haben wir an nichts Böses gedacht. Auch das am Eingang einer harmlosen Sushi-Restaurant mit Bar

und Club Türsteher standen, kam uns überhaupt nicht komisch vor. Da unten alles voll mit Fussballfans war gingen wir schnur stracks nach oben und fanden sogar einen freien Tisch am Fenster. Es dauerte gar nicht lange bis ein freundlicher, jedoch sprachlich nicht ganz so begabter Asiate an unseren Tisch kam und uns nach den Getränken fragte. Da wir noch auf die anderen warten wollten (und eh noch viel zu vollgefressen waren), bestellten wir erstmal drei Mochitos. Offenbar war Happy Hour, denn der Kellner brachte uns gleich sechs Cocktails. Na dann prost!
Interessant wurde es jedoch kurze Zeit später. Denn kaum war das Spiel abgepfiffen, dröhnte plötzlich lautstarke Musik durch den Raum. Wir hätten ja bei den nackten Brüsten an der Wand stutzig werden können, gecheckt wo wir gerade gelandet sind, haben wir aber erst als eine der attraktiven Kellnerinnen an der Stange zu tanzen begann.
Wir mussten natürlich umgehend Fotos und Videos in die entsprechenden WhatsApp-Gruppen posten und die Leute zu uns lotsen. 💁♀️
Während die anderen Fünf immer noch im Dunes abhingen, offenbar hatte sich die Stimmung gebessert, gesellten sich kurzzeitig ein paar Jungs aus anderen Teams zu uns.
Zahlen bitte!
Nachdem wir eine Weile zusammengesessen, gequatscht und getrunken hatten. Wollte die Truppe wieder weiter. Das war der Moment, wo wir den Laden hätten verlassen sollen. Nicht dass es danach Scheiße wurde, ganz im Gegenteil! Das böse Erwachen kam später.
Die Vier winkten den Kellner ran und teilten ihm mit, dass sie zahlen wollten. Auf sein „What?“ hin, erklärten sie ihm dass sie vier Mojitos und vier Caipis getrunken hätten. Der Kellner nickte und verschwand wieder. So weit, so unspektakulär. Allerdings kam er wenig später nicht mit der Rechnung wieder, sondern mit acht neuen Cocktails. Als man ihm erklärte, dass man die Rechnung wolle und er die Getränke wieder mitnehmen solle, winkte er ab. Umgänglich wie die Jungs nun mal waren, zahlten sie auch die ungewollten Drinks, welche sie uns noch rüberschoben, ehe sie sich verabschiedeten.
Kostenlos Cocktails, super! Die boten wir auch prompten den endlich zu uns stoßenden Rest unserer Gruppe an. Nach einem Tag getrennt, hatten sich unsere vier Teams also wieder.
Da es inzwischen doch ganz schön spät geworden war und sich hier und da doch Hunger breit machte, bestellten einige von uns noch etwas zum Essen. Ich sollte vielleicht erwähnen, dass es inzwischen weit nach 0:00 Uhr war und sich der Laden mit unzähligen Partywütigen gefüllt hatte. Unser Asiate war mehr als überfordert.
Als er gegen 2:00 Uhr immer noch nicht mit dem Essen ankam, war es vorbei mit der guten Laune. Wir überlegten zwischenzeitlich einfach aufzustehen und zu gehen. Anständig wie wir nun mal sind, drückten wir stattdessen einfach 50mal auf die Kellner-komm-mal-ran-Klingel. Irgendwann verirrte er sich, dann tatsächlich wieder zu uns. Was wir denn wollen würden. Sein Ernst?? Wir machten im deutlich, dass er sich das Essen in die Haare schmieren könne und wir endlich unsere Rechnung haben wöllten. Da winkte der schon wieder ab! Der hat sie wohl nicht alle! Klar, der musste ja auch nicht um 8:00 Uhr wieder weiterfahren 😡
Zuviel des Guten
Als er wieder kam. Gab es für Ben Borscht und für Markus Sushi. Christina dagegen hat ihre „Käsepizza“ bis heute nicht bekommen. Zumindest schien es den anderen zu schmecken. Irgendwann ließ sich unser Freund dann auch dazu herab uns die Rechnung zu bringen. Zu unserer großen Überraschung standen da plötzlich Getränke drauf, die wir nicht bestellt hatten. Natürlich sprach unser lieber Asiate plötzlich gar kein Englisch mehr. Typisch.
Wir weigerten uns die vier Mojitos und vier Caipis zu bezahlen, die sich da auf unsere Rechnung geschlichen hatten. Immerhin waren wir der Überzeugung, die anderen Teams hatten diese bereits bezahlt. Da diese jedoch nachts halb 3 nicht mehr zu erreichen waren und der Kellner absolut fehlerfrei war, musste die Chefin des Ladens geholt werden. Die wiederum erklärte, sie müsse ihrem Mitarbeiter vertrauen und wir hätten die überschüssigen Drinks ja auch getrunken.
Schlussendlich habe ich die knapp 6000 Rubel (83,00 €) für alle bezahlt – außer mir hatte keiner mehr Bargeld und wir wollten alle nur noch weg.
So endete der Tag mal wieder nachts um 3:00 Uhr – und mit der wahrscheinlich schlimmsten Laune, der ganzen Tour.
Eigentlich war es ein schöner Tag gewesen! Lässt man das Erlebnis mit dem Kellner außen vor, war der Abend genauso, wie man es sich von Russland vorstellt. Alkohol, Party und hübsche Mädchen. Was will man(n) denn mehr? 🤪
Tagesresumé:
Gefahrene Kilometer: 0 km
Verbrauchter Sprit: 0 l
Fahrzeit: 0 h
Laune: 🤩
Temperatur: 23 °C
Road Kills: –
Song of the day:
El professor – Bella ciao (Hugel Remix)

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