Der Tag startet nach einer viel, viel, viel zu kurzen Nacht um kurz nach 7:00 Uhr mit Tasche packen. Alles was wir zuvor mühevoll aus unseren Taschen gekippt hatten, musste da auch wieder rein. Eine kleine Herausforderung.

Als sich im Dreizimmer auch um 8:00 Uhr noch nichts regte, habe ich dann mal – nett wie ich früh morgens so bin – mal geklopft. Anscheinend hatten die Jungs es für einen Witz gehalten, als wir ein paar Stunden zuvor von 8:00 Uhr Abfahrt gesprochen hatten.

Wir ließen sie erstmal zu sich kommen und gingen schon mal vor. Immerhin mussten wir ja auch noch unser Auto wieder umräumen. In unserem typisch deutschen beinahe zwanghaften Angst bestohlen zu werden, hatten wir zwei Tage zuvor unseren Dachgepäckträger komplett leergeräumt und alles, was auch nur den Anschein erwecken könnte, wertvoll zu sein (obwohl es das nicht ist) in den Kofferraum bugsiert. Während wir also dieses Chaos beseitigten kamen nach und nach auch Stefan, Markus und Felix herzu.

Danke Google

Es dauerte mal wieder eine halbe Stunde bis wir tatsächlich abfuhren. Um dem Wirrwarr von St. Petersburg möglichst schnell zu entkommen, ließen wir uns von Google helfen. Soweit kein Problem. Ohne Navi-Funktion ist Google Maps auch nichts anderes als eine Karte auf der schon jemand den Weg eingezeichnet hat. Dumm nur, dass unser Maps uns völlig in die Irre führte und wir an der dritten Kreuzung die Chemnitzer verloren, weil uns ein Reisebus auf die Pelle rückte und uns partout nicht mit Warnblinker am Straßenrand warten lassen wollte. 🙄 Russland.

Wir verständigten uns, uns schon irgendwann irgendwo Richtung Grenze wieder treffen zu wollen und fuhren jeder seine eigene Route. Erst als wir plötzlich auf einer Mautpflichtigen Straße landeten, merkten wir, weshalb uns Google in die Irre geführt hatte. Sie hatte einfach mal vergessen, dass sie Mautstraßen und Autobahnen zu meiden hatte. 🙄

Zum Glück konnten wir sie wenig später wieder deaktivieren und wieder unseren „Retro“ Karten folgen.

Warten, warten, warten …

Die Russisch-Estländische Grenze erreichten wir nach etwa zwei Stunden. Zum Glück waren wir so früh aus St. Petersburg los, denn als wir gegen 11:00 Uhr ankamen, betrug der Rückstau schon 1,5 km.

Es war ein schöner, sehr warmer Tag sodass wir wenigstens die Fenster runterlassen und eine ganz entspannte „Mir doch egal“ Stimmung an den Tag legen konnten. Ich schwöre euch, hätte es mal wieder aus Eimern geschüttet, die Warterei wäre uns ziemlich auf die Nerven gegangen, aber so war es doch ganz nett. Kaum das wir auf das russische Grenzgelände gelassen wurden, traffen wir auch unser Team 42 wieder.

Tatsächlich ging es auf der russischen Seite verhältnismäßig schnell.

Ein Wenig zu schnell war auch ich mal wieder beim Aussteigen. Wie schon bei der Einreise, musste der Fahrzeuginhaber (irrtümlich immer als Fahrer bezeichnet) zuerst an die Pass- und Fahrzeugkontrolle. Da wir bereits so weit vorrücken durften, dass die netten Grenzerinnen quasi sofort mit ihrer Kontrolle anfangen konnten, beeilte ich mich extra schnell zum Kontrollhäuschen zugehen. Rusty Lisa schien das aber nicht zu gefallen. Sie donnerte mir ihre schwere Türe auf die Schulter. Sehr zum Amüsement des Teams hinter uns 🤦‍♀️

Ich habe mir erstmal nichts weiter gedacht – obwohl es verdammt weh tat – und habe mich brav an der Kontrolle angestellt. Der Typ vor mir hat gefühlt eine halbe Ewigkeit gebraucht. Natürlich verstand ich kein Wort, worüber die da diskutierten und machte mir schon so meine Gedanken. Völlig unbegründet. Die Grenzerin hat sich keine 5 Minuten mit mir befasst, dann durfte ich weiter.

Nicht schon wieder!

Die Fahrzeugkontrolle war recht entspannt. Wir mussten nicht einmal den Kofferraum ausräumen. Zelte und Schlafsack rausnehmen reichte völlig aus. Auch mit der Aussage, der Kasten Radler wäre leer, gaben sie sich zufrieden. Schwieriger wurde es dann mit Stefans Stange Kippen, die wir seit Norwegen spazieren fuhren. Wir hatten nämlich keinen Gedanken daran verschwendet, ob wir denn auch so viele Zigaretten aus – wie einführen durften.

Durften wir nicht. Das machte uns die wenig begeisterte, hoch-wie-breite, rothaarige Grenzerin unmissverständlich klar.

✌️🚬 👱‍♂️,✌️🚬 👱‍♂️,✌️🚬 👩, more = ☠️

Sie hat Felix todernst angesehen und ist sehr geräuschvoll mit dem Daumen über ihre Kehle gefahren. Da mussten wir erstmal schlucken. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein!

Natürlich sprach die Gute plötzlich kein Englisch mehr. Typisch. Wir versuchten ihr mit „Czech Cigaretts“ und „Transit“ klar zu machen, dass das keine russischen sind. Irgendwann hatte sie keine Lust mehr und winkte zwei Kolleginnen herbei. Im hektischen Russisch diskutierte sie mit den beiden Älteren. Dabei pochte sie immer wieder bedeutungsschwer auf ihre Uhr. Irgendwann machte sie wutschnaubend auf dem Absatz kehrt und verschwand. An ihrerstatt kam nun eine der beiden anderen Grenzerinnen zu mir und bedeutete uns, die Kippen einzustecken und weiter zufahren. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.

Die Esten ließen uns weitere 1,5h an ihrem Grenzübergang warten – am Hang, in der prallen Sonne!

Dafür ging die Pass- und Fahrzeugkontrolle sehr schnell.

Was EU-Bürger? Deutsche? Gute Fahrt!

Gut, sie haben uns mal alle Türen und den Kofferraum öffnen lassen, aber mehr als ein Nicken passierte nicht.

War uns Recht! Immerhin war es bereits 14:30 Uhr und wir hatten noch knapp 170km bis zur 2. Party mit allen Teams vor uns.

Weit und breit nichts

Nichts destrotz mussten wir erstmal bei McDonalds einrücken und die erste Mahlzeit des Tages zu uns nehmen. Wir wären besser gleich noch im Supermarkt eingefallen, denn als wir später in Raudsilla eintrafen, mussten wir feststellen, dass es weit und breit keinen Supermarkt gab und unser Wasser leer war. Da half auch der lieb gemeinte Tipp von (den vorgefahrenen) Stefan und Markus nichts.

Na ja, zum Glück war das ja die zweite Party mit allen Teams. Soll heißen: es gab ein tolles estländisches Buffet, 200l Freibier und div. andere kostenpflichtige Getränke. Wir mussten also weder verhungern noch verdursten.

Die Lokation Raudsilla war wunderschön! Irgendwo in der estländischen Wildnis tauchte plötzlich ein moderner Campingplatz auf einer Lichtung auf. Es gab diverse Saunen, einen Whirlpool, einen großen Holzbau mit Kamin und Schaukel(!!) und Gemeinschaftsduschen.

Stefan und Markus hatten für uns alle einen Stellplatz nur wenige Meter neben dem Partyplatz und unweit der Dixieklos gesucht – äußert praktisch. So waren wir mittendrin im Geschehen, auch wenn wir noch mit uns selbst beschäfftigt waren.

Je später es wurde, umso mehr Teams truddelten ein und umso schwieriger wurde es, den Zufahrtsweg zu uns für Ben & Christina freizuhalten. Da hatten Jan und Mario, die nur wenig später nach uns ankamen, noch deutlich leichter. Zum Glück waren alle Teams sehr verständnisvoll, sodass wenigstens eine kleine Gasse Platz gelassen wurde, durch die sich die zwei dann später kämpfen mussten – schadensfrei.

Folklore zum Anfassen

Für unser Entertainment hatten die Veranstalter eine estländische Folklore-Gruppe auftreten lassen. Doch die beließen es nicht einfach nur beim Vorführen ihrer traditionellen Tänze, sondern schnappten sich auch den ein oder anderen (Un)Freiwilligen aus unseren Reihen zum Mittanzen. So durfte auch Felix ordentlich mitmischen – zu seiner und unserer Freude!

Es war ein sehr schöner Abend! Es war toll die anderen Teams wieder zu treffen und die neuen Geschichten zu hören, die sie zu erzählen hatten. Großartig!

Damit wir nicht vom Fleisch fallen sollten, gab es ein köstlisches Büffet. Keine Ahnung was das alles war, aber es war hervorragend. Das kühle Bier ließ ich aus, auch wenn wir es trotz der herben Niederlage Deutschlands kostenfrei trinken durften (ursprünglich hieß es mal, es gäbe nur Freibier wenn Deutschland gewinnt ^^)

Generell, zog ich mich rechtschnell aus der Affäre. Irgendwie ging es mir nicht so pralle. Fühlte sich ein Bisschen so an, als wäre ein Blasenentzündung auf dem Vormarsch und das konnte ich so gar nicht gebrauchen. 😩

Christina versorgte mich noch mit homöopatischen Mittelchen (die wirklich halfen), bevor ich recht früh im Zelt verschwand und die restliche Party verschlief. Anders als nach der Lofotenparty gab es am nächsten Morgen nichts spannendes von den Anderen zu berichten. Anscheinend waren nach 12 Tagen alle schon ganz schön durch…

Tagesresumée:

Gefahrene Kilometer: 329 km

Verbrauchter Sprit: 40 l

Fahrzeit: 9 h

Laune: 🙂

Temperatur: 22 °C

Road Kills: –

Song of the day:

Justin Timberlake – Say Something